Für Robert - 1997
Wim Wenders

Seit Jahren hängt über meinem Arbeitstisch in Berlin ein Bild,
auf das ich mich bei jeder Rückreise freue.
Ich kann mich immer wieder aufs neue hinein verlieren,
in diesen Raum, der dort abgebildet ist,
in Mischtechnik auf Wachs gemalt:
Leere Wände, ein Fenster, ein Tisch, eine Tür in einen anderen Raum,
das Licht scheint von hinten seitlich herein,
vorne ist es eher dunkel und geheimnisvoll.
Das Bild ist im wahrsten Sinne des Wortes „empfindlich“,
habe ich doch Angst,
daß irgenwann einmal die Sonne zu stark daraufscheint und es mir auseinanderschmilzt.
Den Raum, den es darstellt, kenne ich.
Das war Roberts Berliner Atelier.

Ein anderes Bild hängt diesem gegenüber:
Ein Stillleben.
Ein Teller mit einem Fisch darauf,
in ähnlicher Technik in verschiedene Wachsschichten hineingemalt.
Auch an diesem Fisch kann ich mich nicht satt sehen.
Immer wieder leuchtet er mir neu entgegen, in den heitersten Farben,
jedesmal ein wenig anders schillernd.

In dem Spannungsfeld zwischen diesen beiden kleinen Leinwänden
herrscht eine große Zärtlichkeit.
Sie überträgt sich auf den Betrachter wie ein freundlicher Geist.
Man ist geneigt, ein bißchen leiser zu reden.
Unmut verfliegt rasch oder kommt gar nicht erst auf.
Hier geschieht etwas Ansteckendes.
Die neuen Bilder,
in diesem Büchlein hier,
Roberts Arbeiten aus den letzten beiden Jahren,
vor allem aus der Zeit in Truden,
strahlen alle in dem selben Licht,
oder soll ich besser sagen,
aus dem selben Geist.


Alles, was sie zeigen,
so will mir scheinen,
andere Räume,
andere Stillleben,
auch einmal ein Porträt von einem nachdenklichen Mann
mit weißen Haaren und erstaunten Augen,
alle sind sie von derselben Durchsichtigkeit und Tranzparenz,
von der selben liebevollen Aufmerksamkeit
wie die beiden Antipoden
in meinem Zimmer.

Roberts Bilder zeugen nicht nur
von einer großen Freude an den Dingen,
sie er-zeugen diese auch.
Sein großes Staunen vor der puren Existenz dieses Zimmers,
vor dem Licht darin,
vor diesem Teller, dieser Schüssel, dieser Flasche,
vor all ihrer Einmaligkeit!,
schon springt es über.

Roberts Bilder zeugen auch von den Augen und dem Hand-Werk eines Malers,
der diese Dinge zu sehen und so aufzuheben weiß,
daß all ihre Schönheit
und ihre Wundersamkeit erhalten bleiben.

Kein Wunder also,
daß da etwas herrlich Ansteckendes weitergegeben wird:
Unbändiges Vertrauen,
sowohl in die Schöpfung
als auch in die Gabe des Malers,
sie wiederzufinden
und weiterzugeben.